Sex zwischen lesbischer Nonne und Dreizehnjähriger:
Sexualleben als Gottesdienst
Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat in den Archiven des Vatikans Akten eines Inquisitionsprozesses um das Nonnenkloster Sant’Ambrogio aus dem 19. Jahrhundert gefunden, die Stoff für einen schlüpfrigen Kriminalroman böten.
Sein Buch handelt von Nonnen, die von der Gottesmutter und sogar von Jesus eigenhändig verfasste Briefe erhielten und sich als Heilige verehren liessen; die wahrscheinlich Hostien in ihre Scheide einführten, bevor sie sie den Mitschwestern auf die Zunge legten, und die von ihren Beichtvätern sexuell stimuliert wurden; von Nonnen, die Konkurrentinnen vergiftet und sich gegenseitig oral befriedigt haben sollen. Das Buch handelt des Weiteren von hochrangigen Jesuiten, die schuldbewusst, aber umso lustvoller sexuelle Beziehungen zu Frauen pflegten, mit denen sie zusammenlebten; von Kardinälen, die um diese Geschehnisse wussten, aber sie vertuschten; und von einem Papst, der die Kardinäle deckte.
Das Buch fusst auf Quellen, die der Autor in einem von Papst Johannes Paul II. 1998 freigegebenen Teil der vatikanischen Archive entdeckt hat.
1859 gelingt es einer adligen deutschen Nonne, aus dem unweit des Vatikans liegenden Franziskanerinnenkloster Sant’Ambrogio, in das sie kürzlich eingetreten ist, einen Brief schmuggeln zu lassen: Man wolle sie vergiften, sie brauche Hilfe. Nachdem ein befreundeter Erzbischof sie aus dem Kloster gerettet hat, erstattet sie bei der vatikanischen Inquisition Anzeige. Darauf kommt ein mehrjähriger Prozess in Gang, der nach und nach Dinge ans Tageslicht bringt, die der Vatikan bis heute hat unter der Decke halten können.
Das Innenleben der «totalen Institution» ist über die Jahrzehnte auf perverse Abwege geraten – «pervers» jedenfalls gemessen an katholisch-theologischen Ansprüchen: Der jungen Novizenmeisterin Maria Luisa ist es gelungen, sich als Herrscherin aufzuschwingen, sogar die Äbtissin gehorcht ihr. Sie sorgt dafür, dass meist eine Nonne in ihrem Bett schläft, mit der sie körperlich intim wird. Natürlich stillen die Frauen in der Zweisamkeit nicht ihre Begierden, sondern reinigen zum Wohlgefallen Marias und anderer Heiliger ihre Seelen.
Intim wird Maria Luisa auch mit ihrem jesuitischen Beichtvater, der wiederum viele sexuelle Erfahrungen mit einer Konkubine gesammelt hat. Sein Name: Guiseppe Peters alias Joseph Kleutgen. Der deutsche Theologe, ein Feind alles Modernen… wirkt… an der Konzeption des… Unfehlbarkeitsdogmas mit, das 1870 unter Papst Pius IX. vom Ersten Vatikanischen Konzil verkündet wird.
Maria Luisa gründet ihre Herrschaft auf ihre Heiligkeit, die sie sich in göttlichen Briefen bestätigen lässt. Ebenfalls als Heilige verehrt wird die verstorbene Klostergründerin, obschon sie vom Vatikan als Häretikerin verurteilt und aus dem Kloster entfernt wurde; sie soll das Keuschheitsgelübde gebrochen haben. Die Nonnen beten ihre Reliquien an. Sowieso hätte die Institution aufgehoben werden sollen, was jedoch hochrangige Anhänger der Gründerin verhinderten. Als Maria Luisa als dreizehnjähriges Mädchen ins Kloster eintrat, musste sie die damalige Äbtissin sexuell befriedigen. Über die Jahre sind in Sant’Ambrogio informelle Regeln und Riten entstanden, die religiöse, erotische und sexuelle Ekstase verschmelzen.
Das Ende
Die deutsche Nonne kam den Missbräuchen sofort auf die Spur. Nachdem sie die Novizenmeisterin damit konfrontiert hatte, machte sie keinerlei Anstalten, sich ihr zu fügen. Darauf beschloss diese, die Neue umzubringen, was ihr erstaunlicherweise nicht gelang, obschon sie schon vorher unliebsame Ordensfrauen aus dem Weg geräumt haben soll. Nach der Anzeige und der Untersuchung fällte die Inquisition das Urteil: Das Kloster wurde endgültig aufgehoben, die angeklagten Nonnen und Jesuiten mussten ihrer Häresie abschwören. Während Maria Luisa zu zwanzigjähriger Isolationshaft in einem Kloster verurteilt wurde, hatte Kleutgen sich für drei Jahre in ein jesuitisches Anwesen zu begeben. Die mit Papst Pius IX. befreundeten Kardinäle, die wussten, was in dem Kloster vorging, das sie hätten beaufsichtigen sollen, wurden nicht belangt. Das ultrakonservative vatikanisch-jesuitische Netzwerk, das sich im Kampf gegen Modernismus, Säkularisierung und die italienische Nationalstaatsgründung gebildet hatte, schützte seine fehlbaren Mitglieder.
Als im Zug des Risorgimento 1870 italienische Truppen Rom besetzten, konnte sich Maria Luisa, die sich in jeder Hinsicht als unschuldig betrachtete, aus der Haft befreien. Mithilfe eines weltlichen Gerichts strengte sie gegen den Vatikan einen Prozess an, der ihr eine Entschädigungszahlung einbrachte. Sie nützte ihr nichts. Gesundheitlich schwer angeschlagen, endete sie im Irrenhaus und auf der Strasse.
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[leicht gekürzt]
Quelle:
https://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/sexualleben-als-gottesdienst-1.18053950
Original:
Hubert Wolf: Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Eine wahre Geschichte. C. H. Beck, München 2013. https://www.beck-shop.de/suche/?query=Hubert+Wolf%3A+Die+Nonnen+von+Sant%27Ambrogio.

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