Die Gefühle der 7jährigen Carly Simon bei ihren sexuellen Begegnungen mit einem 16jährigen.
„Deine Libido überwältigt alles! Du bist so libidinös, sogar im Alter von neun oder zehn.“
Ich mag die ehrliche und klare Weise, in der Carly Simon in ihren Memoiren i die „Zwischenspiele“ beschreibt, in die sie 7 Jahre lang mit einem 9 Jahre älteren Jungen verwickelt war. Ehrlich, weil sie immer wieder beide Antriebe beim Namen nennt, die ihr Verhalten wie Feuer und Eis bestimmten. Sie macht es sich nicht zu billig, und sie präsentiert sich nicht einfach als Opfer.
Schon ihr Einstieg in die Erzählung zeugt davon:
»Ich war ungefähr sieben, als meine „Zwischenspiele“ mit Billy begannen. Wie viele Kinder entdeckte ich Sex zum ersten Mal allein, und zwar durch Zufall. Ich war fünf Jahre alt und lag auf meinem schmalen Bett für fünfjährige Kinder. Meine Hand glitt unter meinen Oberkörper und landete etwa zehn Zentimeter unterhalb meines Bauchnabels, und ich begann, meinen Körper ganz sanft gegen meine eigene Hand hin und her zu bewegen. [S.74. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ebook-Ausgabe.]
Sie war auch sonst kein ahnungsloses Ding. Nackte Körper waren ihr nicht fremd. Seit ihrem 5.Lebensjahr verbrachte sie mit ihrer Familie zusammen die Augusttage auf der amerikanischen Ferien- und Weekend-Insel Marthas Vineyard. Dort vergnügte sie sich tagelang mit Vater und Mutter und ihren zwei älteren Schwestern zusammen am Nacktbadestrand. Allerdings schreibt sie, dass man sie selber dort nie nackt gesehen hat.
»Die Vorstellung, mein eigenes Handtuch fallen zu lassen und mich mit allen anderen zu entblößen, kam mir wie eine unvorstellbare Qual vor. Ich schämte mich für etwas, das wahrscheinlich nichts mit meiner Nacktheit zu tun hatte. Doch als meine Familie von den Vineyards nach Stamford zurückkehrte … war ich vielleicht anfällig für einiges von dem, was ich gesehen und gespürt hatte.«
»Aus meiner heutigen Sicht ist es beunruhigend, wenn ich zurückblicke auf das, was einem jungen Mädchen mit einem viel älteren Jungen passiert ist. Obwohl ich instinktiv wusste, dass ich es niemandem erzählen konnte…« [S.75]
Was dann geschah, „… fühlte… sich damals nicht beschämend an, sondern stattdessen aufregend heimlich und voller unanständigem Spaß„. Aber sie wusste auch „instinktiv“, dass sie das, was sich mit Billy anbahnte, niemandem würde erzählen können.
‚Boys in the Trees‘ hat schon einmal als Titel über einer Produktion von Carly Simon gestanden. Da war das stotternde kleine Mädchen zur Sängerin und Songschreiberin geworden, vielleicht weil man ihr gesagt hatte, dass sich durch Singen das Ûbel überwinden liesse. Es war ihr siebtes Album (1978), welches diesen Titel trug, und ihr eine Grammy Nomination einbrachte.
Billy war der jugendliche Sohn von Bekannten der Familie, die sich in der Nähe von Simons Wohnsitz niedergelassen hatten. Eigentlich war Billy in Carlys Schwester Lucy verliebt, aber dort konnte er nicht landen, sie war schon vergeben. Es scheint sodann, dass er die kleinere Carly als Ersatz benutzt hat, und dass er sein „Programm“, das er gerne mit der älteren Lucy durchgespielt hätte, stellvertretend an der Jüngeren realisierte. Vielleicht kann dieser Ersatzvorgang aber auch tiefenpsychologisch erklärt werden. Denkbar ist, dass er sich letztlich an Lucy nicht herangewagt hat. Dann wäre seine Motivation Carly gegenüber, spekulativ gedacht, sozusagen pädophil gewesen. Vor Carly verheimlichte er seine Wertschätzung für Lucy keineswegs, und das war für das jüngere Mädchen allein schon aufregend und merkwürdig, und vielleicht auch anspornend.
Am Anfang wollte Billy wissen, ob Lucy „da unten“ Haare habe. Carly wusste es nicht, „…aber das Thema ging mir in diesem Sommer nicht mehr aus dem Kopf.“ [S. 76. Die Angaben beziehen sich auf die E Book Ausgabe]
»Ein paar Abende später saßen Billy und ich im Wohnzimmer, als alle schon schliefen, und unterhielten uns. Billy erzählte mir von einem schwedischen Film, den er kürzlich gesehen hatte. Er beschrieb die beiden Schauspieler, und als er dann sagte, dass sie beide nackt waren und sich gegenseitig berührten, konnte ich nicht anders: Was er sagte, erregte mich.«
Als Billy ihr dann auch noch sagte, wie gut sie aussehe, „…konnte ich nicht mehr stillhalten. Ich fühlte mich körperlich erregt. Dann schlug Billy vor, dass wir beide schwimmen gehen sollten. [S.78]
Sie wechselten ins Tennishaus, wo beide sich zum Schwimmen umzogen, Carly auf der Damen-, Billy auf der Herrentoilette. Billy rief zu Carly hinüber, ob sie ihm einen Quarter (Vierteldollar-Münze) hätte. Sie hatte nur einen Dime (Zehn-Centimes, welche sie gerade in der Garderobe geklaut hatte). Er bot ihr einen Tauschhandel an: wenn sie ihm ihr Zehncentstück bringe, gäbe er ihr sein Vierteldollar-Stück. „Ich fühlte mich noch aufgeregter, noch erwachsener, und mein Herz schlug noch schneller.“ [S.78] Sie bewegte sich verstohlen im schattigen Gebäude zur Herrentoilette.
„Ich fühlte mich weiterhin auf eine neue, ungewohnte Weise körperlich erregt. Ich konnte nicht aufhören, an den sexy schwedischen Film zu denken, von dem Billy… erzählt hatte.“
Carly Simon, Boys in the trees. S.70
»Ich hatte Angst, weniger davor, von jemandem angegriffen zu werden, als vor dem Gedanken, dass ein strafender, verantwortungsbewusster Erwachsener bei uns beiden hereinplatzen würde. Ich fühlte mich weiterhin auf eine neue, ungewohnte Weise körperlich erregt. Ich konnte nicht aufhören, an den sexy schwedischen Film zu denken, von dem Billy… erzählt hatte, und ich betrat die Herrentoilette mit einer Mischung aus Zuversicht, Angst und Erregung.« [S.79]
»Billy stand in der Mitte des Raumes, mit nacktem Oberkörper, ein knappes weißes Handtuch um die Taille… Er sah gut aus… Anstatt „Hallo“ zu sagen oder mich gar zu begrüßen, sagte er nur: „Gib mir deinen Zehner, dann darfst du mir das Handtuch vom Leib reißen.“« [S.79]
»Ich habe das nicht verstanden. Billy blieb hartnäckig. Er wüsste, dass ich ihn ohne sein Handtuch sehen wollte, sagte er. Ich wollte etwas sagen, spürte aber, wie mein Stottern aufstieg… aber dann beschloss ich, mich einfach zu entspannen. Wie wäre es wohl, fragte ich mich, mit einem Jungen nackt baden zu gehen? Meine Verliebtheit in ihn, oder was auch immer es war, wurde von Sekunde zu Sekunde größer.«[S.80]
»Billy wiederholte seine Einladung. Jetzt forderte er mich sogar auf, sein Handtuch herunterzuziehen. „Entweder du tust es jetzt, oder wir gehen runter ins Schwimmbad“, sagte er und deutete damit an, dass er mir eine Gelegenheit bot, die nur wenige andere Mädchen im Traum ablehnen würden.«
»Am Pool fing Billy wieder an, mich mit dem Nacktbaden zu nerven. Zuerst würde ich ihm das Handtuch abnehmen, dann würde ich meine Badehose ausziehen, und wir beide könnten zusammen in den Pool springen. „Es ist ganz einfach, Carly.“ Es war kein Vorschlag, nicht einmal eine Bitte, eher ein Befehl. Ich begann zu glauben, dass dies eine halbwegs gefährliche Idee war. Billy stand neben mir… Er hatte sein Handtuch ein wenig von seinem Hinterteil rutschen lassen, während sein Vorderteil es immer noch hochhielt, als würde es am Ende einer Stange baumeln.«
»War es Angst, war es Begierde?«
[S.84]
»Ich dachte nicht nach und hatte keine Ahnung, was als Nächstes passieren würde, als ich mich vorwärts bewegte und ihm schnell das Handtuch abzog … Ich warf auch keinen Blick darauf, was das Handtuch verdeckt hatte. Gleichzeitig wusste ich, dass ich gerade eine Grenze überschritten hatte, auf die ich nicht vorbereitet war.« [81]
»In einer Sekunde war Billy nackt in den Pool gesprungen und forderte mich auf – nein, er befahl mir erneut – meine Badehose auszuziehen und zu ihm zu kommen. Ich erfand die Ausrede, dass ich friere und unter die Dusche müsse, und lief … zurück… in die Frauenumkleide.«
»Ich behielt meinen Badeanzug an, als ich… in der Dusche der Damentoilette stand und mich wie eine Figur in einem Gruselfilm fühlte. Ich wartete darauf, ob Billy mir folgen würde, halb betend, halb hoffend, dass er es nicht tun würde. Zwei Minuten später stand Billy in der Duschkabine neben mir, nackt. Ich starrte auf die Fliesen auf dem Boden der Dusche und tat alles, um ihn nicht anzusehen. Billy sagte mir, ich solle keine Angst haben, es sei völlig in Ordnung, wenn ich meinen Badeanzug nicht ausziehen wolle, denn das Wichtigste sei, dass Joey und Lucy „das hier“ gemacht hätten, obwohl er nicht genau wusste, was „das hier“ war. Dann nahm Billy die Seife und begann, seinen eigenen nackten Körper einzuseifen.« [S.82]
»Joey und Lucy waren das? Was getan? Ich war mir sicher, dass Billy gelogen hatte. Obwohl das Wasser in der Dusche heiß war, fröstelte ich. Billy schien jedoch nicht im Geringsten nervös zu sein… Inzwischen fröstelte ich nicht mehr, sondern es schüttelte mich. War es Angst? War es Begierde? Ich konnte die beiden nicht auseinanderhalten. Billy streckte die Hand aus und küsste mich auf die Wange…« [S.83]
»Ich befolgte das, was mir als der richtige nächste Befehl erschien. „Okay, Carly Darling, schau zu mir hoch.“… Ich tat, was er verlangte, und schaute zu ihm hoch, obwohl Billy einen Moment später, als er mein Kinn nach unten bewegte, deutlich machte, dass er nicht wollte, dass ich zu ihm hochschaute. „Nimm es in deine Hand“, sagte er.«
»Und wie? Wie einen Baseballschläger? … Wie den Stiel einer Blume? Ich spürte den ersten Anflug von Wut. Ich wollte derjenige sein, der das Sagen hat, nicht Billy. Trotzdem tat ich, was er verlangte, kniete auf den nassen Kacheln und hob meinen Blick nach oben. Dann, so schnell wie möglich, berührte ich ihn. Mein Zittern löste sich auf. Ich hätte meinen Gefühlen keinen Namen geben können; es war viel zu kompliziert. Es waren Gegensätze am Werk, aber es gab keinen Zweifel daran: Ich war auch erregt. Aber das war es für diese Nacht.« [S.84]
»Nach dieser Nacht benahmen wir uns überall dort, wo Billy und ich allein waren, daneben. Ein Badezimmer hier, ein Kleiderschrank dort. Ein Strand, ein zufälliges Stück Gras. Während des sonntäglichen Mittagessens versuchte Billy, mich in einem Badezimmer im Obergeschoss in seine Stimmung zu ziehen, während unten die Kartoffeln gereicht wurden.« [S.85]
Ob es ihr „Hyänenmaul“ ist, wie Carly es selber nennt, was sie in Männeraugen irgendwie sexuell provokativ erscheinen lässt? Oder ob es die Nachwirkung ihrer frühen sexuellen Sozialisation ist?
Jahre später, als Carly schon 11 war, schickte ihre Mutter sie in eine Therapie. Anlass waren aber nicht ihre „Zwischenspiele“ mit Billy, die noch andauerten, sondern die Sprechprobleme des Mädchens. Carly war eine Stammlerin, und Dr. Frunzhoffa war Logopäde, der Musik als Methode einsetzte.
»Irgendwann während unseres Termins legte er eine Schallplatte auf und forderte mich auf, mit ihm zu tanzen. Wir beide standen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und hielten uns an den Händen, wie Fred Astaire und Ginger Rogers…«
Und so ging das dann:
“Ginger Rogers, Fred Astaire,”
“Has a man ever touched you down there?”
Und dann:
“Has a man had his way with you?
„Tell me, tell me if it’s true?”
Doch Carly wich elegant aus:
“Daddy loves me, Mommy too, they live hap’ly in the zoo.”
»Was Dr. Frunzhoffa nie erfahren würde, war, dass ich meine geheime Bindung um jeden Preis schützen würde.«
»Als Mami mich das erste Mal zu Dr. Frunzhoffa brachte, hatten die Nächte mit Billy… schon mehrere Sommer hintereinander angehalten… Doch eine Woche nach meinem Termin bei Dr. Frunzhoffa schien es, als seien Billy und ich in Sicherheit. Ich schützte unsere Beziehung und würde tatsächlich weiterhin alles nehmen, was Billy mir geben wollte.« [S.71]
Dabei beschreibt sie sich in jenem Moment, als die Therapie begann, als …
»… so abgestumpft gegenüber Billys Verhalten – das meistens darin bestand, dass er sich selbst berührte, während ich nie unbekleidet war; Billys einziges Interesse bestand offenbar darin, von einer anderen Person beobachtet zu werden…«
»Währenddessen quälte mich insgeheim die ganze Zeit die Tatsache, dass Billy meine Schwester Lucy begehrte und keine Skrupel hatte, mir das zu sagen. Ich war zu jung, um es besser zu wissen, und zu vernarrt, um ihn auffliegen zu lassen…« [S.85]
»Meine „Zwischenspiele“ mit Billy dauerten… sechs Jahre lang, bis in meine Teenagerzeit hinein. Bis zu diesem Zeitpunkt war er mein Entführer und ich seine Sklavin. Liebe: Das war es, was ich für ihn empfand, zumindest redete ich mir das ein. …« [S.86]
Dieses schwer definierbare, widersprüchliche Verhältnis liess Carly sich immer tiefer in sich selber zurückziehen. Es ging ihr dabei nicht nur darum, dass sie Billy nicht in Schwierigkeiten bringen wollte, sondern vielmehr darum, „…dass ich nicht wollte, dass … jemand … ans Licht bringt, wie beschämt und zwiespältig ich mich über das fühlte, was wir beide da taten.“ [S.86]
»Als ich Joey und Lucy von Billy erzählte, beschuldigten sie mich beide, es erfunden zu haben. Gleichzeitig erzählten sie es meiner Mutter, die Billy für einen ganzen Monat des Sommers verwies, was mir im Nachhinein wie eine seltsam milde Reaktion vorkommt.«
In Interviews sagte sie, dass diese events mit Billy ihre Einstellung zur Sexualität für lange Zeit beeinflusst hätten. Leider sagte sie nicht wie. Bekannt und von ihr nicht bestritten ist, dass sie auf eine beachtliche Reihe berühmter Männer zurückblicken kann, mit denen sie Sex gehabt hat, darunter Jack Nicholson, Warren Beatty und Mick Jagger. Sean Connery soll ihr einen Dreier zusammen mit ihrer Schwester vorgeschlagen haben. Bei Jagger ist der Fall nicht ganz klar. Sicher ist, dass er in ihrem erfolgreichsten Titel mitsingt – you’re so vain. Gemeint war mit demjenigen, der ’so eitel‘ war, Warren Beatty, Hollywoods grösster Schürzenjäger. Der Titel wurde ihr grösster Erfolg.
In jenem Moment aber empfand sie die Massnahme als hart, wie sie in einem Interview bekannte:
»„Ich war niedergeschmettert, weil ich dachte, dass ich in einer romantischen Beziehung sei. Was vielen Mädchen passiert, wie ich denke“, sagt sie. „Deine Libido überwältigt alles! Du bist so libidinös, sogar im Alter von neun oder zehn. Und manchmal gibt es da ein Ventil. Ich wette, dass es das in viel mehr Fällen gibt, als wir es zu wissen bekommen.“ ii «
Dieses Kapitel der Memoiren schliesst mit einer zweiten Zwiespältigkeit, die aus der ersteren von Angst und Begierde hervorgeht: derjenigen zwischen dem Wunsch nach Geheimhaltung und dem nach Aufdeckung:
»Wenn ich heute mein vorpubertäres Tagebuch in den Händen halte, klein und alt und blau, mit dem Titelbild eines kleinen Mädchens, das einen Blumenstrauß in der Hand hält, dann halte ich den zartesten möglichen Beweis für mein eigenes unschuldiges, unbeherrschtes, elternloses Urteilsvermögen in den Händen, das ich jedes Mal, wenn es sich ereignete, in das Tagebuch schrieb und verschlüsselte… Wäre jemand interessiert oder hartnäckig genug gewesen, um nachzuforschen, hätte mein Tagebuch mit seinen enthüllten und verborgenen Geheimnissen gerufen: Jemand, bitte lies dies und rette mich.« [S. 87]
Hinterlasse einen Kommentar